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Die Baukultur unter neoliberalistische Einflüsse

1. Die historische Baukultur
2. Die heutige Baukultur wird durch neoliberalistische Vorgaben bestimmt
3. Die neoliberalistischen Einflüsse bestimmen den gegenwärtigen Bautrend.

Die Qualität der Bauwerke wird durch vielfältige Faktoren beeinflusst. Hierzu gehören soziale, kulturelle, ökonomische, technische und klimatische Faktoren. Die jeweilige Baukultur wird durch sehr viele Einflüsse bestimmt. Sie geht weit über die architektonische Gestaltung hinaus. Gegenwärtig werden auch die neoliberalistischen Einflüsse auf die Baukultur deutlich.

1. Die historische Baukultur

Die Bauhülle hatte historisch die Funktion den Menschen und die Haustiere vor Witterung und unerwünschte Besucher zu schützen. Entsprechend den klimatischen Standorten, den kulturellen Traditionen und sozialen Gegebenheiten sowie der örtlich zur Verfügung stehenden Rohstoffe haben sich bestimmte Baustile entwickelt, welche ein Bestandteil der jeweiligen Landschaft sind. Die alten Baumeister stützten sich auf Erfahrungen und entwickelten die Baukunst stetig weiter. Ziel war es, langlebige Gebäude zu errichten. Je nach Vermögen erfolgte die Errichtung von bescheidenen oder prunkvollen Gebäuden. Der frühere Reichtum lässt sich auch heute noch in den Dörfern Mitteldeutschlands erkennen. Große Dreiseitenhöfe zeigen, dass die Bauer reiche Ernten einfahren konnten. In diesen Regionen ist der Boden sehr fruchtbar. An anderen Standorten sind die Scheunen und insgesamt der gesamte Gebäudekomplex kleiner, wie es z. B. in Brandenburg und in Mecklenburg der Fall ist.

Ein weiteres Beispiel der Errichtung der langlebigen Gebäude ist die Verwendung des römischen Betons. Heute können noch viele Gebäude besichtigt werden, welche bereits 2000 Jahre alt sind. Der Beton von heute hält etwa 100 Jahre, vielleicht auch etwas länger. Bei der Errichtung der historischen Gebäude wurden viele Deckenbalken und andere Holzkonstruktionen überdimensioniert ausgeführt. Für die statische Belastung ist dies nicht erforderlich. Treten allerdings Schäden an der tragenden Holzkonstruktion auf, so bleibt meistens noch ausreichend viel tragendes Holz übrig.

Weltweit findet man steinerne Zeugnisse von vor Jahrtausenden lebender Kulturen. Selbst mit unserer heutigen Technik lässt sich nur unter hohem technischen Aufwand genauso präzise bauen.

Der Besuch von Ephesus (Bild 1) in der Türkei lohnt sich. Hier kann man den Glanz vergangener Kulturen erahnen.

Blick auf Ephesus
Bild 1: Im Altertum war Ephesus eine der ältesten, größten und bedeutendsten griechischen Städte.

Viele der historischen Gebäude haben bei entsprechender Instandhaltung viele Jahrhunderte überdauert, wie die wunderschönen Fachwerkbauten in der Altstadt von Straßburg (Bild 2). Wie bereits genannt wurden für die Errichtung der Bauwerke die örtlichen Baustoffe verwendet, wie Steine, Holz, Lehm, Stroh und andere natürliche Baustoffe. Diese Baustoffe sind Bestandteil der Natur und können ohne Probleme wieder in die natürlichen Stoffkreisläufe zurückgeführt werden. Diese Gebäude sind ökologisch. Nicht nur wegen ihrer geringen Energiebilanz, welche von der Herstellung, Nutzung und Entsorgung reicht. Sie beinhalten in der Regel auch keine Schadstoffe. Diese Gebäude wurden nur selten vollständig entsorgt. Viele der noch verwendbaren Bauteile wurden für die Errichtung eines neuen Gebäudes genutzt. Dies ist gerade bei älteren Bauernhäusern aber auch bei den Stadthäusern an der tragenden Holzkonstruktion, zum Beispiel im Dachstuhl zu erkennen. Einige Sparren oder Stiele zeigen Zapfenlöcher an Stellen, wo sich in diesem Gebäude nie andere Holzteile befanden.

historischen Fachwerkhäuser in Straßbur
Bild 2: Die historischen Fachwerkhäuser in Straßburg sind viele Hunderte Jahre alt.

Ebenso erfolgte je nach finanziellen Möglichkeiten und des benötigten Platzbedarfes ein Umbau, Erweiterung oder eine Aufstockung. Gerade bei älteren Häusern kann man die konstruktive Erweiterung einzelner Wände oder die Aufstockung recht deutlich erkennen. Bei den Fachwerkbauten sieht man die interessante Aufstockung auch äußerlich, in dem diese Gebäude oben meistens zur Straße breiter werden (siehe Bild 2). Für den Baustoff Holz haben die alten Baumeister Konstruktionen gewählt, welche diesen Baustoff vor Feuchtigkeit schützten. In der Neuzeit wurde der konstruktive Holzschutz durch den chemischen Holzschutz verdrängt. Langsam findet der konstruktive Holzschutz wieder Beachtung. Holz kann ohne Probleme nass werden. Dieser Baustoff muss aber möglichst schnell wieder abtrocknen können. Hierfür wählte man große Dachüberstände, wie man diese z. B. in Süddeutschland in der Alpenregion sieht oder im Luft umspülten Einbau der tragenden Holzkonstruktion. Der konstruktive Holzschutz ermöglicht eine lange Nutzung ohne chemischen Schutz. Auch wenn seit einigen Jahren die Verwendung von Pentachlorphenol als Holzschutzmittel im Innenbereich verboten ist, so kann dieser gefährlicher Wirkstoff noch in vielen Dachstühlen nachgewiesen werden. Dachkonstruktionen wurden früher innen nicht verkleidet, sondern waren immer offen und damit kontrollfähig. Sie dienten nicht als Wohnraum. Es wurden aber auch Bodenkammern als einfacher Wohnraum genutzt und mit einer Sparschalung und Putz oder mit Holzwolleleichtbauplatten verkleidet. Durch kleine Türöffnungen im Bereich des Drempels oder durch diese nicht luftdichte Verkleidung konnten diese das Nervensystem angreifende Gift (Pentachlorphenol) in den Innenraum gelangen.

Deckenkonstruktionen sind in der Regel nicht gefährdet. Kritisch sind die Wandauflager der Deckenbalken. Die Balkenköpfe unterliegen einer mehr oder wenigen Feuchtebelastung. Historisch wurden diese Auflager daher nach außen oder nach innen bzw. in beide Richtungen belüftet. Auch heute kann man die äußere Belüftung der Balkenköpfe in verschiedenen Regionen noch sehen. Das betrifft vorwiegend landwirtschaftlich genutzte Gebäude bzw. Ställe. Diese simplen konstruktiven Schutzmaßnahmen gibt es in Hessen, Sachsen, Sachsen Anhalt, in Transkarpatien und sicherlich noch in vielen anderen Regionen. Bei Fachwerkgebäuden liegen die Balkenköpfe der Deckenbalken ohne hin außen auf dem Rähm bzw. Stockschwelle auf.

Energetisch am günstigsten schneiden die Holzhäuser ab. Viele dieser Gebäude in Blockbauweise sind viele Hunderte Jahre alt. Ein gewisser Pflegeaufwand ist erforderlich. Feuchtetechnisch ist gerade der untere Wandabschnitt korrekt auszuführen. Ein Schutz gegen Spritzwasser und Feuchtigkeit von unten ist erforderlich (Bild 3). Die Bauweisen unterscheiden sich je Region und müssen die jeweiligen klimatischen Bedingungen erfüllen. Bei den Bildern 4 und 5 erkennt man zum Beispiel auch die unterschiedliche Ausführung der Dachüberstände. Je größer ein Dachüberhang ist, so besser wird die Fassade vor Niederschlagswasser geschützt.

Schwelle eines historischen Wohnhaus in Blockbauweise
Bild 3: Blockbauweise eines älteren Wohnhauses in Transkarpatien. Zwischen dem Fundament aus Bruchsteinen und der unteren Balkenlage befindet sich ein Metallblech als Schutz vor Feuchtigkeit von unten.

Holzhaus in Polen
Bild 4: Holzhaus in Südosten von Polen

Holzhaus in Transkarpatien
Bild 5: Historisches Blockhaus in Transkarpatien

In anderen Regionen standen viele Steine zur Errichtung des Mauerwerkes zur Verfügung. Meistens wurden die untere Etage aus Bruchsteinen und die obere Etage als Fachwerk ausgeführt (Bild 6).

Bauernhaus in Thüringen
Bild 6: Bei diesem älteren Bauernhof in Thüringen erfolgt die Ausführung im Erdgeschoss aus Bruchsteinen und in der oberen Etage als Fachwerkbau.

In den südlichen Regionen am Mittelmeer bieten zum Beispiel die Gebäude aus Bruchsteinen einen besonderen Schutz vor der sommerlichen Hitze. Hier trifft man Gebäude mit flachem Dachstuhl an.

Als Beispiel soll hier die interessante Bauweise in Südtunesien genannt werden. Die Gewölbe bzw. die Kuppel vergrößern das Raumvolumen nach oben, wo sich die warme Luft ansammelt und über Öffnungen entweichen kann. Vielfach wurden jedoch diese Öffnungen verschlossen.
Messungen an einer Kuppel zeigen deutlich niedrigere Oberflächentemperaturen als bei einem Flachdach. Analog dürfte dies auch für die Tonnengewölbe zutreffen, wie bei diesem älteren Wohngebäude auf der Insel Djerba (Bild 7).

Einfamilienhaus aus Bruchsteinen
Bild 7: Älteres Einfamilienhaus aus Bruchsteinen auf Djerba (Tunesien)

Lehmgebäude wurden in den Regionen errichtet, wo dieser Baustoff vorhanden ist. Diese natürliche aber auch arbeitsintensive Bauweise ist in Deutschland in Vergessenheit geraten. Durch verschiedene deutsche Baustoffanbieter werden diese ökologischen Baustoff in Form als Lehmputz angeboten. Diese arbeitsintensive Bauweise wird jedoch in Deutschland wegen der hohen Lohnkosten nur noch im Bereich des ökologischen Hobbys angesiedelt bleiben. In anderen Ländern erfolgt noch die Errichtung von Lehmgebäuden. Es werden diese historischen Lehmgebäude wegen ihrer ungünstigen ökonomischen Verwertbarkeit und auch aus anderen Gründen abgerissen. Bauphysikalisch haben diese Gebäude einige Vor- aber auch Nachteile. Im Sommer sind die Räume in diesen Gebäuden aufgrund ihres hohen Wärmespeichervermögens kühl. Äußere Temperaturschwankungen, wie sie in Mitteldeutschland über das gesamte Jahr vorliegen, werden recht gut ausgeglichen. Der Nachteil besteht in der hohen Gefahr der Tauwasserbildung über den Fußböden. Diese unteren Wandabschnitte sind daher feucht und die Oberfläche des Stampflehms zerfällt langsam. Eine Abhilfe verschafft hier die richtige Heizung mit Hilfe von Strahlungsheizungen.

Im Bild 8 ein historisches Mehrfamilienhaus in Prag. In den Dörfern von Mitteldeutschland aber auch in Transkarpatien gibt es noch zahlreiche historische Lehmgebäude (Bild 9).

 Historische Lehmgebäude Prag
Bild 8: Historische Lehmgebäude auf dem Hradcany in Prag (Tschechien)

Lehmhaus nördlich von Leipzig
Bild 9: Einer der zahlreich noch erhaltenen Gebäude mit Stampflehmwänden nördlich von Leipzig (Lissa).

Bis in die 80-iger Jahre wurden in Transkarpatien Einfamilienhäuser noch aus Lehmsteinen errichtet (Bild 10). Gebäude mit dicken Außenwänden aus mineralischen Baustoffen sind auch heute noch dort wegen ihrer energetischen Effizienz gesucht.

Lehmhaus in Transkarpatien
Bild 10: Wohngebäude aus Lehmsteinen in Transkarpatien, Ukraine

Der Kostenfaktor entscheidet wesentlich über die Bauweise der Gebäude. In Tunesien weiß man, dass die massiven Gebäude mit dickem Mauerwerk und besonders aus Steinen aus energetischer Sicht die besseren Gebäude sind und im Sommer auch ohne Klimaanlage auskommen können. Aber aus Kostengründen werden nur 20iger Wände aus Ziegelsteinen mit 12 Luftkammern errichtet. Analog sieht es in Deutschland aus, nur dass hier statt eines energetisch sinnvollen Mauerwerkes ein schmales Mauerwerk mit Styroporplatten errichtet wird.

Um 1900, in der Gründerzeit, wurden die Mehrfamiliengebäude aus dickem Ziegelmauerwerk errichtet (Bild 11). In den Folgejahren wurden auch die Außenwände immer schlanker. Verschiedene Faktoren führten zu dieser veränderten Bauausführung, wie höhere Festigkeitseigenschaften der Baustoffe, veränderte Bautechnologie und vor allem ökonomische Gründe. Dem gegenüber stehen die Verschlechterung der thermischen Eigenschaften, welche in der gemäßigten Klimazone aus Wärmedämmung und Wärmespeicherung besteht.

Gründerzeithäuser in Leipzig
Bild 11: Gründerzeithäuser in der Georg-Schumann-Straße in Leipzig

Heute findet man in der Ukraine noch Hochhäuser, welche vollständig aus Ziegelsteinen mit circa 50 cm dicken Wänden errichtet werden (Bild 12).

mehrgeschossige Wohnhäuser aus Ziegelsteinen in Ukraine
Bild 12: Errichtung mehrgeschossige Wohnhäuser aus Ziegelsteinen in Vinnitsa (2009 Ukraine)

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